Standort auf Karte: Sudan SA (ex.Lokdepot):  Verkehrskarte (Bahnen) von openstreetmap.org 

Update 11.4.2022: Luftaufnahme 1994

Die im Kanton Fribourg im Bezirk Gruyère (Greyerz) liegende Sudan SA stellt Betonfertigelemente her und benötigt für deren Produktion auch grosse Mengen Kies. Dieser Kies wurde und wird entlang dem Fluss La Sarine (Saane) abgebaut.
Ursprünglich konnte das 1965 in Enney angesiedelte Werk diesen Rohstoff unmittelbar neben den Fabrikationsanlagen abbauen. Nachdem diese nahen Kieslagerstätten erschöpft waren, wurden weitere Abbaugebiete flussaufwärts aufgeschlossen, sodass eine für grosse Transportmengen taugliche 75cm Spur Werkbahn für den Kiestransport von den entfernter liegenden Gruben auf der linken Flussseite bis zum Werk erstellt wurde.
Das zuletzt und heute noch benutzte Abbaugebiet liegt jedoch rechts der Saane, sodass der Kies nur zur Flussquerung und zur Verladung in die Bahn auf ein Förderband umgeladen werden musste. An der Stelle, auf der linken Flussseite, mitten im Nichts am Gleisende der Werkbahn, wurde ein Zwischensilo zur Beladung der Kastenkippwagen erstellt.
Diese 2,4km lange, erst 1970 gebaute Werkbahn blieb selbst bei Eisenbahnfreunden wenig bekannt. Die Bahn war nur dem Zweck entsprechend aussergewöhnlich einfach gebaut. So besass die fast nur gradlinig entlang dem Fluss führende Strecke keine einzige Weiche. Als Lokdepot diente ein einfacher Schopf auf dem Fabrikareal in Enney am Ende des Gleises.
Der aus 6 geräumigen Kastenkippwagen notgedrungen stets gleich zusammengesetzte Zug wurde von einer 125PS starken Diesellok MB 125 S mit einem 6-Zylinder Deutzmotor von Orenstein&Koppel (O&K) Werk Dortmund gebaut. Diese Sonderausführung für 75cm Spurweite wurde 1970 von der damaligen, nur in 18 Stück gebauten Normalspurvariante MB 125 N abgeleitet. Typisch an diesen O&K Loks war ihr Innenrahmen, das heisst der äussere, tief nach unten gezogene Rahmen diente nicht gleichzeitig auch zur Aufnahme der Radlager. So waren die Lokräder kaum zu sehen, kombiniert mit der auch ansonsten rein funktionellen Bauart ohne Anspruch auf Ästhetik wohl ein Grund, dass das Interesse an der Bahn nie besonders gross war.
Die Geschichte von O&K als einst einer der grössten Anbieter von Baumaschinen und Feldbahnlokomotiven mit weltweiten Niederlassungen wurde 1999 mit deren Auflösung/Verkauf beendet.
Bemerkenswert waren aber die verwendeten Kastenkippwagen, kamen sie nicht von der dafür weltweit bekannten Firma Mühlhäuser, sondern von der weniger bekannten Firma Bischoff aus Recklinghausen welche dafür 1959 auch einen Patentanspruch geltend machte. Nach Insolvenz 2004 wurde das Werk in Recklinghausen geschlossen.
Um 2010 wurde der Kiestransport via Werkbahn aufgegeben. Die gesamte Bahnanlage incl. Rollmaterial ist aber noch stets erhalten (2019), einzig das Umladesilo mit dem Förderband am Streckenende wurde abgebrochen. Das Geleise ist mittlerweile zugewachsen und auch teilweise verschüttet, aus nicht ganz nachvollziehbaren Gründen steht die Lok seit Jahren im Freien kurz vor ihrem einstigen Depot und kann da sogar auf verschiedenen Luftaufnahmen von Swisstopo oder Google erkannt werden.
Das Werk der Sudan SA liegt im ehemaligen Ort Enney an der schmalspurigen GFM (TPF) Bahnlinie von Bulle nach Montbovon. Die drei einst selbstständigen Gemeinden Enney, Estavannens und Villars-sous-Mont haben 2004 zur Ortschaft "Bas-Intyamon" fusioniert.
Dank einem Besuch von Heinz Bircher im Jahre 1982 bei dieser nie besonders populären Bahn erlauben seine Bilder nun aber doch noch einen Blick zurück auf ein Stück interessanter Industriegeschichte.   

 

 

Originalbild anzeigen Grafik BEB


Streckenplan der (weichenlosen) Werkbahn Sudan SA in Enney (heute Bas-Intyamon).

 

 

Originalbild anzeigen Swissair Photo AG *) / CC BY-SA 4.0 / 1.6.1994


Luftaufnahme der Werkbahn zum Kiestransport der Sudan SA in Enney/Bas-Intyamon 

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ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/Stiftung Luftbild Schweiz / Fotograf: Swissair Photo AG /
Ausschnitt mit Ergänzungen aus Foto LBS_R1-940356 / CC BY-SA 4.0
(Externer Link: ETH Bildarchiv Foto LBS_R1-940356) / (Externer Link: CC BY-SA 4.0)

 

 

Originalbild anzeigen Swissair Photo AG *) / CC BY-SA 4.0 / 1.6.1994


Das Werkgelände der Betonfabrik Sudan SA (Vergrösserung aus obiger Aufnahme). Gerade noch zu erkennen der Zug mit seinen 6 Kastenkippwagen am Kies-Umladeplatz. Bedingt durch die weichenlose Gleisanlage konnte der Zug nie seine Zusammenstellung ändern.    

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ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/Stiftung Luftbild Schweiz / Fotograf: Swissair Photo AG /
Ausschnitt mit Ergänzungen aus Foto LBS_R1-940356 / CC BY-SA 4.0
(Externer Link: ETH Bildarchiv Foto LBS_R1-940356) / (Externer Link: CC BY-SA 4.0) 

 

 


 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Der Zug der Sudan SA unweit des Fabrikareals in Enney.  Die Bäume beweisen, dass nicht etwa der Fotograf seine Kamera schräg gehalten hat, sondern das Geleise hier etwas aus dem Lot geraten ist. 

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Einst war hier (rechts der Lok) auf der linken Flussseite auch ein Kies-Abbaugebiet. Geschlossen und renaturiert endete das Geleise der Werkbahn danach hier "im Nichts". Neben dem Gleisende zeugt nur ein hier erstelltes Zwischensilo noch von industrieller Tätigkeit. Der danach (bis heute) auf der rechten Flussseite abgebaute Kies wurde mit Lastwagen zum Förderband für die Flussquerung gefahren und hier in den Zug zum Weitertransport in das 2,4km entfernte Betonwerk gefahren. Dieser Transportweg mit zweimaliger Umladung endete um 2010 mit direkter Anlieferung des Kieses per LKW ins Werk. 

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Streckenende bei der Umladestelle. Der Zug mit den 6 seitlich zu öffnenden Kastenkippwagen. Die 1970 gelieferten Wagen der Firma Bischoff aus Recklinghausen hatten trotz Patentanmeldungen eine grosse Ähnlichkeit mit den dafür bekannten Kastenkippwagen der Firma Mühlhäuser.

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Vom Abbaugebiet bei Grandvillard auf der rechten Flussseite wurde der Kies bis ca. 2010 mit Lastwagen bis zur Flussquerung mittels Förderband gebracht. Damit wurden die beiden Zwischensilos auf der linken Flussseite zur Verladung auf die Werkbahn gefüllt.

 

 



 
Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Streckenende und Umschlagplatz für Kies von der Grube bei Grandvillard. Die Anlage konnte vom Lokführer/Maschinisten in Eigenregie bedient werden.

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Streckenende und Umschlagplatz auf der linken Flussseite in Enney. Links der Wagen lag ab 1970 ein Kies-Abbaugebiet, welches ursprünglich zum Bau der Werkbahn führte. Nach dem Aufschluss der Grube bei Grandvillard auf der rechten Flussseite vermied man den Weiterbau der Bahn über eine teure Werkbahnbrücke mit dem Bau eines günstigen Förderbandes mit Umladesilos. Nur in diesem historischen Kontext ist diese spezielle Situation mit der Umladung auf "freiem Felde" zu erklären. 

 

 



 
Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Beladung der Bischoff Kastenkippwagen aus dem Zwischensilo am Streckenende in Enney. Diese Umladeanlage mit dem Förderband zur Flussquerung wurde um 2018 abgebrochen. Die Geleise, wenn auch zugewachsen und teilweise verschüttet;  sind jedoch noch stets vorhanden (2019).

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Unweit der Umladestelle beginnt der mit Kies beladene Zug seine Fahrt zur 2,4km entfernten Fabrik für Beton-Fertigelemente. Der weichenlosen Strecke geschuldet gab es nie eine davon abweichende Zugzusammenstellung. Die O&K Lokomotive war dabei immer auf Seite der Fabrik da nur an dem Gleisende ein einfacher Schuppen als Lokdepot vorhanden war. Neben diesem Zug gab es nur noch ein paar wenige alte Kipploren-Untergestelle für Unterhaltszwecke die bei Bedarf aufs Gleis gestellt oder mal an einem Gleisende abgestellt waren. 

 

 



 
Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Das 75cm spurige Gleis besass, obwohl fast nur gerade und unmittelbar am Flussufer der Saane entlang führend, durchaus seinen landschaftlichen Reiz waren die Flussböschungen meist auch noch bewaldet.

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Das "Highlight" der Strecke war eine kleine Kanalbrücke über den Afflonbach, welcher da in die Saane mündet. Hier auch gut zu sehen die von der Lok her zu bedienende Handbremse des hier eingereihten ersten Wagens. Nur dieser eine Wagen besass eine Feststellbremse. Die Strecke besass aber nirgends ein nennenswertes Gefälle (5%o), mal abgesehen von durch Bodensenkungen verursachten lokalen Dellen. 

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Brücke über den Afflonbach. Wie andernorts auch z.B. Bözenegg der Zürcher Ziegeleien, bei der Ziegelei Schumacher oder Hürlimann/Holcim Brunnen wurde der Zug aus Kastenkippern trotz sehr eingeschränkten Sichtverhältnissen in eine Richtung gestossen. Einzig bei der Werkbahn in Brunnen kamen bedingt durch die Linienführung durch bewohntes Gebiet mit mehreren Bahnübergängen Steuerwagen zum Einsatz. Die Lokomotiven wurden jedoch nirgends mittels Ausweichgleisen umgesetzt.

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Brücke über den Afflonbach. Der beladene Werkbahnzug auf der Fahrt zur Fabrik in Enney (heute Bas-Intyamon). 

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Entladestelle bei der Fabrik Sudan SA. Die Wagen wurden auf die vom Betrachter abgewandte Seite über ein Gitterrost entleert. Für die manuelle Sicherung der Wagen an den Schienen war die erhöhte Gleislage hier ergonomisch ideal gestaltet. 

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Fabrikareal Sudan. 5 der 6 Kastenkippwagen von Bischoff in Recklinghausen besassen keine Feststellbremsen. Interessant jedoch die zwischen den Rädern sichtbare Schienenzange um den Wagen während der Entladung auf die dem Betrachter abgewandte Seite zu sichern. Besonders bei schlecht fliessendem, zu kleben neigendem Ladegut wie z.B. Ton/Lehm eine absolut zwingende Massnahme. Bei Ziegeleien wurden deshalb die Wagen meist auch mit selbst sichernden Vorrichtungen versehen. 

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Kastenkippwagen von der ehemaligen Firma Bischoff in Recklinghausen an der Entladestelle bei der Firma Sudan in Enney. Hinter dem Zug ist noch knapp das Lokdepot zu erkennen. Nach der Stilllegung um 2008 sind bis zum heutigen Tage (2019) die Wagen und die Lok hier im Freien abgestellt. 

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Die Lokomotive MB 125 S Bj.1970 Fabrik-Nr. 26680 von der einst renommierten Firma Orenstein&Koppel hätte sicher nie einen Schönheitspreis gewinnen können. Besonders skurril wirkten dabei neben dem tief gezogenen, jede Wartung erschwerenden Aussenrahmen auch die beiden kleinen Luftansaugrohre an der Frontseite für den luftgekühlten 6-Zyl. Deutzmotor. Alles in allem eher ein Prototyp denn eine durchdachte Konstruktion. In der Tat wurde diese Schmalspurlok von einer nur in 18 Stück in den Jahren 1970-73 hergestellten normalspurigen Rangierlokreihe MB 125 N abgeleitet. 1999 endete dann auch die Geschichte der traditionsreichen Firma O&K.

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Nur aus der Froschperspektive konnte man knapp die Räder der O&K Lokomotive erkennen. Dazu war natürlich das erhöht angelegte Geleise bei der Entladestelle gerade optimal.

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 20.10.1987


Der ganze von der Firma Sudan in den Jahren 1970-2010 eingesetzte und als Folge fehlender Weichen auch nie veränderte Zug zum Kiestransport aus den talaufwärts gelegenen Abbaugebieten. Die von den Wagen getrennte, aber auch im Freien vor dem ehemaligen Depot abgestellte Lokomotive rostet zusammen mit den etwas weiter hinten abgestellten Wagen seit der Stilllegung 2010 da vor sich hin (Stand 2019).

 

 


 

 

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