Standort auf Karte: ex.Kalkfabrik:  Verkehrskarte (Bahnen) von openstreetmap.org

Update 5.2022: Luftaufnahmen 1925 und 1966

Rekingen liegt am Rhein im Kanton Aargau in Nachbarschaft von Bad Zurzach. Der Rhein bildet die Landesgrenze und so gibt es da auch ein Reckingen in Baden-Württemberg. Als wollte man das Rad bzw. einen Namen nicht neu erfinden liegt der Unterschied tatsächlich aber nur in ihrer geringfügig anderen Schreibweise. Der Bericht beleuchtet nun aber etwas das (ehemals) ausgeprägte Industriegebiet um das schweizerische Rekingen an der Bahnlinie von (Basel-) Koblenz nach Eglisau / Bülach (-Winterthur). Der Grund für die industriellen Tätigkeiten waren zwei miteinander vorkommende Bodenschätze. So gibt es da ausgeprägte Salzlager und vom nahen Jura Kalksteine. Dazu gab es eben die Bahnlinie für effizienten Versand von Gütern oder Anlieferung von fehlendem Rohmaterial wie z.B. Koks zum Betreiben von Öfen. 

So erstaunt es nicht, dass schon 1864 die Kalkfabrik Spühler gegründet wurde um für die Bauindustrie wichtige Baustoffe herstellen zu können. Um 1913 begann dann die industrielle Produktion mit 2 Feldbahnstrecken in 600mm Spurweite. Die obere, kürzere Feldbahnstrecke führte von der Fabrik zum nahen Kalksteinbruch und wurde als klassische Feldbahn betrieben. Die untere Strecke war 1,3km lang und führte als eigentliche Verbindungsbahn in fast stetigem Gefälle um 20%o zum Bahnhof Rekingen der SBB. 

Die Feldbahn zum Kalksteinbruch wurde später durch eine Seilbahnanlage ersetzt. Als Besonderheit führte diese Lorenseilbahn durch ein turmartiges Gebäude der tiefer gelegenen Kalkfabrik wo die Loren entleert wurden. Danach fuhren die leeren Seilbahnloren noch weiter bis an die an einem Hang liegende Umlenkstation bevor es wieder zurück zur Grube ging. 

Auf der unteren Feldbahnstrecke wurden die fertigen Produkte in Säcken auf Paletten gestapelt auf 4-achsigen Flachwagen von R.Aebi&Co zum Umladeschuppen beim Bahnhof Rekingen gebracht. Dazu standen 4 dieser Flachwagen zur Verfügung. Da es nur Handbremsen gab, waren je 2 Wagen so gegeneinander gekuppelt, dass ein Bremser beide Bremskurbeln bedienen konnte. Die Lokomotive war stets talseitig eingereiht, immerhin wurde auch noch eine Landstrasse überquert. Beim Bahnhof Rekingen fuhr der Zug in eine Spitzkehre und wurde dann ein paar Meter neben den Umladeschuppen zurückgedrückt. Die Paletten konnten dann ebenerdig direkt in die auf der anderen Schuppenseite wartenden normalspurigen Güterwagen verschoben werden. 
Als Lokomotive stand auf dieser Verbindungsbahn eine O&K Montania S 10a zur Verfügung welche später mit einem leistungsstarken 4-Zylinder A4L514 Motor von Deutz bestückt wurde. Als Stolz dieser Remotorisierung und zur Verwirrung so mancher Feldbahnfreunde, erhielt die Lok zwei markante Deutzschilder an der Vor- und Rückseite. 

1980 wurde die Kalkfabrik Spühler von der Zementfabrik Holderbank übernommen. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde Koks für die Öfen noch mit traditionellen Kipplorenzügen zur Fabrik hochgefahren. Dazu gab es für die Umladung von der SBB eine eigene Förderbandanlage beim Bahnhof. Anfangs 1980 stellte man dann diese Anlieferung direkt zur Fabrik auf LKW um. So verblieben in den letzten Jahren bis zur Stilllegung der traditionsreichen Kalkfabrik Spühler im Jahre 1989 nur noch die Züge mit den speziellen Flachwagen auf der Schiene. Als einzige Lokreserve diente die kleinere, von der oberen Strecke stammende Lok MD2 von O&K. 

Ebenfalls in diesem Gebiet gelegen war die für die Salzgewinnung bekannte Sodafabrik welche 1922 vom belgischen Konzern SOLVAY gekauft und als Tochterunternehmung "Schweizerische Sodafabrik Zurzach" weiter betrieben wurde. Die Produktpalette dieser chemisch technischen Fabrik wurde stetig erweitert, sodass auch ein Bedarf am Rohstoff Kalk entstand. Dieser Kalk wurde mit einer recht modernen Kipploren-Seilbahn von einem weiter weg gelegenen Kalksteinbruch zur Fabrik transportiert. Diese SOLVAY Seilbahn kreuzte auch die Spühler Feldbahn. Während aber für die Überquerung von Strassen und SBB Geleisen aufwändige Schutzbrücken erstellt werden mussten, geschah die Kreuzung mit der Feldbahn völlig ohne Schutzeinrichtung. Obwohl neuer und moderner als die Seilbahn von der Kalkfabrik kam das Ende um 1985, nachdem grosse Teile der Produktion Anfangs der 1990 Jahre global verschoben wurden. 

Es war wiederum ein grosses Glück, dass mein Kollege Heinz Bircher da noch rechtzeitig einen mit Kamera ausgerüsteten Blick vor Ort machen konnte. So war es mir wiederum eine grosse Freude Negative von 1982 und ein paar wenige von 1988, kurz vor dem endgültigen Ende der Kalkfabrik und der Bahn, zur freien Publikation hier aufzubereiten. 
1982, beim ersten Besuch von Heinz Bircher, war die Seilbahn der SOLVAY noch im Betrieb. Die traditionellen Kipplorenzüge der Kalkfabrik Spühler für den Kokstransport standen aber schon untätig beim Bahnhof herum. Auf Bildern von 1988 sind von der einst modernen Seilbahn der Sodafabrik nur noch Schutzbrücken zu erkennen. 

Die interessante O&K alias Deutz Lokomotive wurde über mehrere Privatpersonen weiterverkauft und ist heute in grünem Anstrich im Museumsbestand der Ziegelei Schumacher in Körbligen. Da befinden sich auch zwei der von Kern zu Personenwagen umgebaute Flachwagen. Ein dritter, seit Jahren in Körbligen nur abgestellter, nicht umgebauter Flachwagen ex. Rekingen wurde 2023 an die SchBB in Schinznach abgegeben. 

 

Situationsplan um 1980:
 

 Originalbild anzeigen Grafik BEB


Man beachte die unterschiedlichen Schreibweisen von Rekingen (CH) und Reckingen (D) 

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Comet Photo AG *) / CC BY-SA 4.0 / 1.6.1966


Ein Feldbahnzug mit seinen typischen 4-achsigen Wagen der Kalkfabrik Spühler überquert gerade die Hauptstrasse unweit der Spitzkehre zur Umladestelle. Die talseitig eingereihte O&K Lok wird vom nahen Haus fast gänzlich verdeckt. Quer durchs Bild führt die Loren-Seilbahn der Sodafabrik (SOLVAY) mit ihren beiden markanten Schutzbrücken. Beim SBB Bahnhof rangiert eine private Lokomotive von den Sodawerke Zurzach oder von der Zementfabrik Holderbank.  

*)
ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Comet Photo AG (Zürich) /
Ausschnitt aus Bild Com_F66-07781 / CC BY-SA 4.0
(Externer Link: ETH Bildarchiv Foto Com_F66-07781) / (Externer Link: CC BY-SA 4.0) 

 

 


 

Kalkfabrik Spühler AG gegründet 1864,
1980 Verkauf an Zementfabrik Holderbank (1989 Abbruch Bahnanlagen) geschlossen 1991
Feldbahnstrecke Kalkfabrik - Bahnhof SBB, 1.3km, Spw. 600mm
Abtransport von abgepacktem Kalk und Zufuhr von Koks 

Schweizerische Sodafabrik Zurzach
ab 1922 Teil von SOLVAY Suisse (1985 Abbruch Seilbahn) geschlossen 1989
Lorenseilbahn zum Transport von Jurakalk vom Steinbruch zur Fabrik. 

 


 

Feldbahn Spühler Rekingen:
 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Fabrikareal Kalkfabrik Spühler
Orenstein & Koppel O&K Montania S 10 a Bj.1926
umgebaut mit Motor von Deutz A4L514 (die Deutzschilder wurden später angebracht)
1989 an Kern Strassenbau (privat), Anstrich grün/rot,
2003 an Herznach (da nie im Einsatz)
2009 an Ziegelei Schumacher Körbligen (Museumsbestand)

 

 



 
 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982

 

 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982

 

 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Umladeschuppen SBB Bahnhof Rekingen
Orenstein & Koppel O&K Montania S 10 a Bj.1926 mit Drehgestell-Flachwagen Bj.1930

 

 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Umladeschuppen SBB Bahnhof Rekingen
4-achsiger Drehgestell-Flachwagen Bj.1930 R.Aebi&Co

 

  

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Ehemalige Verladeanlage für die Kipploren (Koks)

 

 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982

 

 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Umladeschuppen SBB Bahnhof Rekingen

Orenstein & Koppel O&K Montania S 10 a Bj.1926 mit Deutzmotor A4L514

 

 



 
 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982

 

 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Spitzkehre beim SBB Bahnhof Rekingen

Drehgestell Flachwagen Bj.1930

 

 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Spitzkehre beim SBB Bahnhof Rekingen
Orenstein & Koppel O&K Montania S 10 a Bj.1926 
umgebaut mit Motor von Deutz A4L514 (die Deutzschilder wurden später angebracht) 
1989 an Kern Strassenbau (privat), Anstrich grün/rot, 
2003 an Herznach (da nie im Einsatz)
2009 an Ziegelei Schumacher, Körbligen (Museumsbestand)

 

 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Spitzkehre beim SBB Bahnhof Rekingen
Im Hintergrund Seilbahn und Seilbahnloren der Sodafabrik SOLVAY

Orenstein & Koppel O&K Montania S 10 a Bj.1926 mit Deutzmotor A4L514

 

 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Bahnübergang beim Bahnhof Rekingen
Im Hintergrund die Schutzbrücke der Sodafabrik Seilbahn

Orenstein & Koppel O&K Montania S 10 a Bj.1926 mit Deutzmotor A4L514

 

 



 
 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Gefällstrecke, Blick bergwärts Richtung Kalkfabrik

 

 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Talwärts fahrender Zug unweit der Kalkfabrik Spühler

 

 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Verladeanlage bei der Kalkfabrik mit Drehgestell-Flachwagen Bj.1930

 

  

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982

 

 



 
Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Gleisanlage Kalkfabrik Spühler
Blick vom Streckengeleise:
rechts: zur Verladehalle
gerade: zum Lokschuppen
links: zur ex. Koksanlieferung (Abstellgeleise)

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Walter Mittelholzer *) / Public Domain Mark / 15.5.1925


Zum Vergleich zum vorherigen Bild eine Luftaufnahme der Kalkfabrik Spühler aus dem Jahre 1925. Die Gleisanlage der unteren Feldbahn im Bereich zur Verladehalle / Lokdepot / ehemalige Koksanlieferung hat sich über die Jahrzehnte nicht verändert. Auch das markante Gebäude mit dem Runddach ist erhalten geblieben. Die Lorenseilbahn vom Steinbruch wird den Bremsberg der oberen Feldbahn wohl demnächst ersetzen. Als Besonderheit war die Talstation der Seilbahn am linken Berghang (auf dem Bild nicht sichtbar). Der Turm war nur Endladestelle für die Seilbahnloren. So musste der Turm keine Abspannkräfte für die Seilbahn aufnehmen. (siehe Plan zu Beginn des Berichtes)  

*)
ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv/Stiftung Luftbild Schweiz / Fotograf: Mittelholzer, Walter /
Ausschnitt mit Ergänzungen aus Foto LBS_MH03-0775 / Public Domain Mark
(Externer Link: ETH Bildarchiv Foto LBS_MH03-0775) / (Externer Link: PublicDomainMark) 

 

 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 1.9.1988


Beim Bahnhof Rekingen, der Zug fährt zur Spitzkehre.

Kurz vor der Stilllegung. Die SOLVAY Seilbahn (bis auf die Schutzbrücken) ist bereits abgebrochen
Orenstein & Koppel O&K Montania S 10 a Bj.1926 und Flachwagen Bj.1930 

 

 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 1.9.1988


Beim SBB Bahnhof Rekingen
Bergfahrt mit gestossenen, leeren Wagen zur Kalkfabrik. Ein Mitarbeiter überwacht die Geleise.

 

 

Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 1.9.1988


Bahnübergang beim Bahnhof Rekingen
Kurz vor der Stilllegung. Die SOLVAY Seilbahn (bis auf die Schutzbrücken, sichtbar am Bildrand rechts) ist bereits abgebrochen 
Orenstein & Koppel O&K Montania S 10 a Bj.1926 und Flachwagen Bj.1930

 

  

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 1.9.1988


Beim Bahnhof Rekingen

Bergfahrt mit gestossenen Wagen. Kurz vor der Stilllegung. Die SOLVAY Seilbahn (bis auf die Schutzbrücken, sichtbar im Hintergrund) ist bereits abgebrochen. 
Orenstein & Koppel O&K Montania S 10 a Bj.1926 und Flachwagen Bj.1930

 

 


 

SOLVAY (Sodafabrik) Seilbahn:



 
 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Rekingen
Lorenseilbahn vom Kalksteinbruch der SOLVAY (ehemals Sodafabrik Zurzach).
Seilbahnloren mit Kulissenzapfen zur automatischen Selbstentladung.

 

 



 
 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Rekingen
Lorenseilbahn vom Kalksteinbruch der SOLVAY (ehemals Sodafabrik Zurzach). 
Seilbahnloren mit Kulissenzapfen zur automatischen Selbstentladung.

 

 


 

Firmeneigene Rangierlokomotiven im Bahnhof Rekingen (SBB):

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Bahnhof Rekingen SBB
Schweizerische Sodafabrik Zurzach, ab 1922 Teil von SOLVAY Suisse (geschlossen 1989)
Rangierlokomotive Em 3/3 Moyse (Paris, Frankreich) CN60EE500D Bj.1973

 

 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982

 

 

 Originalbild anzeigen Foto: Heinz Bircher / 5.8.1982


Bahnhof Rekingen SBB
Zementfabrik Holderbank Rekingen-Mellikon (geschlossen 1991)
Rangierlokomotive Em 3/3 Moyse (Paris, Frankreich) CN60EE500D Bj.1974

 

 


 

 

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